Mit dieser Frage und weiteren Fragenstellungen befasst sich das FORUM NEURODIVERS –
kontiuierlich im Rahmen einer trialogischen Auseinandersetzung mit dem Thema Neurodiversität bei ADHS.
Definition Neurodiversität
„Neuro” – Nerven & „Diversität” – Vielfalt
- Die Entstehung der Neurodiversitätsbewegung liegt in Amerika durch autistische Aktivist*innen, die sich seit Anfang der 1990er Jahre für die Rechte neurodivergenter Menschen engagieren (Theunissen 2020a, S. 54).
- Die Grundlage der Neurodiversität bildet unter anderem der Diversitätsansatz, der in der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vertreten ist (Theunissen 2020b, S. 51).
- In dieser wird von der „Anerkennung und Wertschätzung menschlicher Vielfalt und Einzigartigkeit“ gesprochen, was die Bedeutung der Neurodiversität treffend beschreibt (Theunissen 2020b, S. 51).
- Der Begriff Neurodiversität soll „den Umstand beschreiben, dass das menschliche Gehirn auf verschiedene Weise neuronal vernetzt sein kann und neurobiologische Unterschiede respektiert werden sollten“ (Theuissen & Sagrauske 2019, S. 28).
- Somit ist für den Neurodiversitätsansatz das Motto der Disability Studies „Nicht über uns ohne uns“ auch ein relevanter Leitgedanke (Silberman 2017, S. 503).
- Neuronale Unterschiede werden nicht als etwas Ungewöhnliches, sondern als etwas völlig Natürliches gesehen (Theunissen 2020b, S. 51).
- Neurodivergente Strukturen werden in Konsequenz daraus nicht als Störungen definiert, sondern als „Ausdruck menschlichen Seins“ (Theunissen 2020b, S. 46).
Verschieben und Relativieren des Fokus von Konzepten wie Krankheit, Störung und Defizit in Richtung menschlicher „Vielfalt“, „Individualität“ und „Ausdruck menschlichen Seins“
Was ist das Forum Neurodivers?
Eine Initiative zur trialogische Auseinandersetzung mit dem Thema Neurodiversität – bei ADHS
Fachlich – Differenziert – Trialogisch
Von und für Fachpersonal, „ADHS-Erfahrene“ und Angehörige: Organisation von Vorträgen, Diskussions- & Austauschmöglichkeiten zu ADHS unter einer neurodiversen Perspektive (analog & virtuell)
Was sind Ziele des Forum Neurodivers?
Differenzierte, trialogische Auseinandersetzung mit dem Thema der Neurodiversität bei psychischen Störungen – speziell ADHS
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Überlegungen zu Studien & wissenschaftlicher Evaluation
u. a. Fragestellungen inwieweit das Konstrukt der Neurodiversität im Bezug zu ADHS hilfreich und genesungsfördernd sein kann
Entstigmatisierung & Entpathologisierung von ADHS
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Aufklärung in der Gesellschaft unter gleichzeitiger Anerkennung von Schwierigkeiten und Leidensdruck, die mit ADHS einhergehen können
Entwicklung einer ressourcenorientierten Sichtweise zu ADHS
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Entwicklung eines Bewusstsein für die „positiven Eigenschaften von ADHS“ in der Gesellschaft – diffenziert auch gegenüber den potentiell damit einhergehenden individuellen Einschränkungen
Was sind Themen des Forum Neurodivers?
Themen – u. a.
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Inwieweit kann das Konzept der Neurodiversität zur Entstigmatisierung & Entpathologisierung beitragen und Recovery / Resilienz fördern?
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Was sind die positiven Eigenschaften von ADHS?
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Ab wann bezeichnet man ADHS als Störung?
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Wie können neurodiverse Menschen ihre Stärken besser in die Gesellschaft einbringen?
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Wo muss der Einzelne aber auch selbst Verantwortung für seine neurodivergente Besonderheiten übernehmen?
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Wo bestehen Kritikpunkte und Differenzierungsbedarfe hinsichtlich des Konzept der Neurodiversität?
3. Diskussionsforum des FORUM NEURODIVERS
Neurodivers, krank oder beides!?
28.11.2024 fand auf dem DGPPN 2024 das 3. Diskussionsforum mit rund 400 Vorort-Teilnehmer*innen und weiteren Online-Teilnehmer*innen statt.
Chairs & Diskutant*innen:
PD Dr. D. Schöttle, Hamburg-Harburg
Dr. A. Neuy-Lobkowicz, Aschaffenburg / München
Prof. Dr. A. Philipsen, Bonn
Prof. Dr. G. Schomerus, Leipzig
Dr. M. Bea, Berlin
O. Just, Freiburg
J. Knörnschild, Berlin
Per Live-Online-Abstimmung unter den anwesenden Kongressteilnehmer*innen wurde zudem die Meinung zu 5 Fragen eingefangen und in die Diskussion mit eingebunden (Ergebnisse hier in Kürze).
Vielen Dank an Prof. A. Philipsen, Prof. G. Schomerus, Dr. M. Bea sowie J. Knörnschild– und auch allen aktiven Teilnehmer*innen, die durch ihre Impulse und Stimmungsabgabe das Diskussionsforum inhaltlich unterstützt haben.
In den Medien und vor allem in Sozialen Medien gibt es eine sehr stark wachsende Anzahl von Veröffentlichungen / Posts zu ADHS und „Outings“ ADHS-Betroffener.
Gleichzeitig steigt die Zahl der populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen und der persönlichen Erfahrungsberichte zum Thema in den letzten zwei Jahren deutlich an.
Gerade immer mehr InfluencerInnen, „Personen des öffentlichen Lebens“ (vor allem jüngere Menschen) gehen auf dieses Thema ein, „outen“ sich oft als ADHS-Betroffene/r.
Social Media als Chance & Hilfe?!
Dies hat einerseits den Vorteil, dass Menschen sehr niedrigschwellig zu Informationen über ADHS kommen und die entstigmatisierende Wirkung „jemand mit ADHS zu kennen“ hier für eine breite Masse ermöglicht wird.
Social Media als Dilemma der Entstigmatisierung!?
Social Media hat aber auch Schattenseiten, für Profis, Angehörige und Betroffene. Es wird teilweise „normales Verhalten“ pathologisiert, ADHS als Rechfertigung und Entschuldigung sowie Erklärung für Verhaltensweisen genommen, medizinische und soziale Leistungen in Anspruch genommen, die zu einer Überforderung des Systems führen.
ADHS-Betroffene fühlen sich durch die Berichte nicht ernst genommen oder in ihren leidvollen Erfahrungen nicht gesehen.
Entstigmatisierung kann somit auch zu unnötiger Pathologisierung und wiederum Stigmatisierung führen.
…
Grundsätzliche Anmerkungen:
Das Thema Neurodiversität wird schon länger in unterschiedlichen Bereichen diskutiert.
Wir – das Forum Neurodivers – haben eine positive Herangehensweise mit Fokus auf ADHS und wünschen uns einen respektvollen Umgang mit einer sachlichen, konstruktiven Kommunikation.
Äußerungen mit rassistischem, lgbtqia+-feindlichem oder auf Diskriminierung von Menschen jeglichen Alters aufgrund ihrer Herkunft, Religion oder politischen Überzeugung abzielende Nachrichten werden ohne Beantwortung sofort gelöscht.